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Osteoporose

01. Feb 2017

Osteoporose

von Prof. Dr. med. Christian Wüster

Das Krankheitsbild der gebrechlichen Knochen

Frau Kellers große Familie ist ja leider sehr krankheitsgeplagt, fast jedes Familienmitglied ist von einer Krankheit betroffen, die MED News berichten ja regelmäßig darüber. So jetzt auch die Mutter von Frau Keller, die nachts beim Toilettengang im Halbdunkeln stolperte und sich eine Schenkelhalsfraktur zuzog.

Sie brauchte eine neue Hüfte, konnte nach 3 Tagen schon mobilisiert werden und wurde in die Reha-Klinik verlegt. Dort lernte sie schnell wieder laufen, aber bei der körperlichen Untersuchung fiel auf, dass sie doch deutlich kleiner geworden war und im Röntgen der Wirbelsäule fanden sich alte Wirbelkörperbrüche. Jetzt musste unbedingt eine weitere Abklärung erfolgen und die Patientin wurde zur Osteoporose-Diagnostik im Stoffwechselzentrum Prof. Wüster im MED Facharztzentrum Mainz vorgestellt.

Wen kann Osteoporose treffen und was sind die Folgen?

Osteoporose ist die häufigste, metabolische Knochenstoffwechselerkrankung. Osteoporose ist eine Erkrankung, die mit verminderter Knochenmasse und typischen Frakturen (Wirbelkörper, Schenkelhals, Radius, Rippen, Humerus u.a.) einhergeht. Die Wirbelsäulenosteoporose kommt insbesondere bei der Mittsechzigerin vor und ist durch Körpergrößenverlust und Rückenschmerzen charakterisiert. Im Rahmen der senilen Form kommt es bei Männern und Frauen gleich häufig zu Schenkelhalsfrakturen, wobei hier pathogenetisch die gehäufte Sturzneigung, bedingt durch nicht-osteologische Ursachen, eine große Rolle spielt. Man geht zurzeit von ca. 10 Millionen Betroffenen in Deutschland aus.

Wie wird Osteoporose erkannt?

Die Pathogenese (= Entstehung) der Krankheit ist multifaktoriell. Dies erfordert ein interdisziplinäres Zusammenarbeiten der beteiligten Fachrichtungen und das Erstellen eines gemeinsamen Therapiekonzeptes, wie dies in der MED in Mainz hervorragend funktioniert. Dabei ist es unerlässlich, Osteoporose frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Grundpfeiler der
Diagnostik sind die knochenspezifische Anamnese und die quantitativen Messverfahren, mit denen die Knochendichte bzw. Knochenstruktur erfasst werden können. Durch geeignete Messung der Knochendichte kann das Frakturrisiko prospektiv vorhergesagt werden. Anamnese und klinische Untersuchung stehen immer am Anfang, hier gilt es herauszuarbeiten, inwieweit sekundäre Ursachen eine Rolle spielen und ob der Patient Frakturen hatte oder hat. Die bildgebenden Verfahren wie konventionelles Röntgen, MRT oder Knochenszintigraphie sind für die initiale Bewertung des Stadiums der Osteopathie verantwortlich, um zu sehen, ob und wo der Patient Knochenbrüche hat. Die Domäne der Frakturvorhersage und der Einschätzung des Schweregrades der Osteoporose ist die Knochendichtemessung, die als Goldstandard die Dualröntgenabsorptiometrie (DXA) beinhaltet (Abb. 1).

Knochendichtemessung

Die laborchemische Evaluation von Patienten mit Osteoporose schließt ein Routinelabor im engeren Sinne ein. Bei klinischem Verdacht kann dann eine erweiterte Laboruntersuchung inklusive Hormonlabor und Knochenumbaumarker durchgeführt werden. Zur Therapieentscheidung spielen sie für den Erfahrenen eine große Rolle im Sinne der differenzierten Einteilung zwischen Osteoporose mit erniedrigtem bzw. erhöhtem Knochenumbau und der Wahl eines osteoblastenstimulierenden bzw. osteoklastenhemmenden Antiosteoporosemedikamentes. Bei entsprechender Familienanamnese wird auch eine genetische Untersuchung durchgeführt und betroffene Familienmitglieder dann einer weiteren Diagnostik zugeführt; so wurde dann auch bei einer Schwester von Frau Keller Osteoporose diagnostiziert (Abb. 2).

Osteoporose

Was hilft gegen Osteoporose?

Die Prävention der Krankheit ist ein entscheidender Punkt im adäquaten Management der Osteoporose. Die Prophylaxe mit Vitamin D und kalziumreichem Mineralwasser ist billig und wirkungsvoll. Durch diese Basistherapie gelingt es, den altersbedingten Knochenverlust zu stoppen oder zumindest zu verringern.

Mit Calcium/Vitamin D alleine kann man aber keine Osteoporose heilen. Bei Hochbetagten kann aber hiermit auf einfache Art und Weise die Zahl der Schenkelhalsfrakturen deutlich reduziert werden. Die Prävention der Osteoporose baut auf eine knochengesunde Lebensführung mit ausreichender Bewegung, calciumreicher Ernährung und Sturzprävention (Hüftprotektoren) auf. Hier gibt es mit der propriozeptiven Vibrationstrainingsmethode neuere Verfahren zur Stimulation der Muskelkraft.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Bei postmenopausalen Frauen führt eine über lange Jahre durchgeführte Östrogentherapie zu einer signifikanten Verminderung der Frakturrate, wobei jährliche gynäkologische Kontrolluntersuchungen incl. Mammographien
anzuraten sind. Die SERMs (Antiöstrogene)
wie das Raloxifen senken nicht nur signifikant das Frakturrisiko, sondern auch die Mammacarcinom-Inzidenz. Sie helfen allerdings nicht gegen Wechseljahrsbeschwerden.

Bei der antiresorptiven Therapie zur Hemmung von Osteoklasten sind die Bisphosphonate die Standardtherapie, die einmal pro Woche oral gegeben das Frakturrisiko um bis zu 50% senken können. Für Patienten mit gastrointestinalen Nebenwirkungen stehen parenteral (z.B. als Infusion) zu applizierende Bisphosphonate zur Verfügung. Neuerdings gibt es spezielle Antikörper gegen RANKL, einem Botenstoff der Kommunikation zwischen den verschiedenen Knochenzellen. Dieses Denosumab (Prolia) wird alle 6 Monate unter die Haut gespritzt und ist gut verträglich und sehr wirksam. Diese Wirksamkeit betrifft auch besonders die sog. Hochbetagten, bei denen dadurch auch die Sterblichkeit reduziert wird. Die Knochenbildung anregende Medikamente wie Parathormon (Forsteo) stimulieren Osteoblasten und verstärken die Cortikalis und müssen täglich selbst vom Patienten unter die Haut gespritzt werden. Die Rehabilitation von Menschen mit Osteoporose in Zentren mit Erfahrung ist zwingend erforderlich zur Erreichung einer adäquaten Lebensumstellung bei der Einleitung solcher Therapiemaßnahmen.

Welche Rolle spielt Osteoporose aus gesundheitsökonomischer Sicht?

Man kann die enormen Kosten für das Gesundheitssystem am Beispiel des proximalen Oberschenkelhalsbruchs darstellen. Die Krankenhauskosten dieser durch Osteoporose begünstigten Fraktur betragen durchschnittlich ca. 10.000 EUR. Bei ca. 80.000 bis 100000 Schenkelhalsfrakturen belaufen sich die Kosten somit auf etwa 1 Milliarde. Darin nicht enthalten sind weitere Folgekosten wie eine eventuell notwendige Unterbringung in einem Pflegeheim oder ein möglicher Arbeitsausfall. Der stationäre Aufenthalt nach einer solchen Fraktur beträgt durchschnittlich 16.3 Tage, die anschließende stationäre Rehabilitationsphase geht über weitere 63.6 Tage mit Kosten zusammen von 44000 EUR pro Patient. Der Oberschenkelbruch des alten Menschen ist natürlich nicht nur unter gesundheitspolitischen Aspekten relevant. Die Mortalität liegt bei den 90-jährigen inzwischen bei fast 50 % im 1. Jahr nach stattgehabter Schenkelhalsfraktur.

Wie geht es weiter mit der Mutter und der Nichte von Frau Keller?

Man wird der 90-jährigen Mutter am ehesten zu einer Therapie mit Prolia s.c. alle 6 Monate raten, sie sollte täglich 1 Std. Muskelaufbautraining und Koordinationsübungen machen. Sie bekommt Vitamin D verschrieben und sollte sich calciumreich ernähren. So kann man ihr weiteres Knochenbruchrisiko um 65% senken. Jährliche Knochendichtemessungen überprüfen die Therapie. Die Nichte bekommt den Rat zur knochenfreundlichen Lebensführung und dann zusätzlich evtl.
Raloxifen.

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